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Was Briefe erzählen

Veröffentlicht am Sonntag, 24. Januar 2016
Geschrieben von Hans Schäfer

 

 

Ein Schlaglicht auf die Befindlichkeiten eines preussischen Stabsarztes während des

Januaraufstandes in Polen 1863

 

Januaraufstand in Polen 1863/64


Als Januaraufstand wird eine gegen das russische Zarenreich gerichtete Erhebung in dessen Weichselland (ehemals Kongresspolen) in den Jahren 1863/1864 bezeichnet. Zum historischen Hintergrund siehe Artikel „Preussische Militärpost“

 

Feldpostbrief

Feldpostbrief vom 25. April 1863 aus Lautenburg

 

 

Lautenburg liegt etwa auf halber Strecke zwischen Warschau und Danzig, damals nahe der Grenze zum russischen Teil Polens, in dem der o.g. Aufstand stattfand.

 

Aufgabe der peußischen Truppen war es, die Aufständischen von preußischem Gebiet fernzuhalten, ihnen also keine Rückzugsräume gegenüber der russischen Armee zu bieten.

 

Lautenburg

 

 

 

Briefinhalt


C.O. Lautenburg, den 25.04.1863

Mein lieber X!
 
Sie werden mir über diese herzliche Anrede nicht zürnen, und aus dem Umstande, daß ich solange nicht geschrieben, nicht das Gegenteil heraus deduzieren wollen. Das eine Mal wollte ich nicht schreiben, ohne Ihnen meine Photographie beilegen zu können, das andere Mal fand ich, nachdem das Bataillon in fünf Standorte zerstreut, seit drei Monaten ohne Stabsarzt, hier keine kleine Unordnung vor.
Nun, Gott sei Dank, jetzt ist alles in Ordnung gebracht.
Daß der Aufenthalt hier an der Grenze kein angenehmer können Sie sich wohl denken, indessen ist das Offiziers Corps ein sehr nettes, und der Zusammenhalt ein großer. Im Mai soll eine teilweise Ablösung der Grenztruppen eintreten, und da das Bataillon seit dem 8. Februar 1863 noch gar nicht abgelöst, so hätte ich eigentlich die erste Anwartschaft.
Daß wir hier größere Fänge von Haupträdelsführern und Munition gemacht haben, werden Sie wohl aus den Zeitungen erfahren haben. Diese Unruhe, in der wir hier beständig lebten, hatte entschieden etwas aufregendes.
Der Zeitpunkt Ihrer Vereidigung tritt immer näher; gestatten Sie mir Ihnen meine aufrichtigen und besten Glückwünsche darbringen zu dürfen.
Wie steht es mit Ihrer Gesundheit? Hoffentlich gut. Danken Sie Ihrem Schöpfer, daß Sie am Rhein nicht das hiesige Klima haben; wir heizen hier immer noch fest. Was der Ofen nicht macht, muß der Magen machen. Schnaps und Grogk sind Hauptgetränke. Wein ist kaum zu genießen und zu bezahlen. Wenn Ihnen ein Glas Rheinwein nicht gut schmeckt, dann denken Sie an mich, der ... keinen reinen Rheinwein mehr über seine Lippen bekommt. Das heißt glauben Sie nicht, daß ich mich dabei unglücklich fühle. Ich bin aus dem Osten, an Klima, Sitten und Gebräuche gewöhnt und erfreue mich einer sehr angenehmen unumschränkten dienstlichen Stellung.
Die Zeit am Rhein ist für mich nur ein schöner Traum. Grüßen Sie mir Woysky. Was mag der alte Brummbär machen? Haben Sie Ihn vielleicht zufällig in Coblenz gesehen?
 
Leben Sie wohl und denken Sie manchmal bei Durchsicht Ihres Albums
 
Ihr
Sie lieb habender
Y

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